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Kinderkram?

ÜBER "MICKY MAUS BEI DER FREMDENLEGION"



Storycode: YM 030
Originaltitel: Mickey Mouse Joins the Foreign Legion
Deutscher Titel: Micky Maus in der Fremdenlegion / Micky Maus bei der Fremdenlegion
Stripanzahl: 121
Autor: Floyd Gottfredson & Ted Osborne
Zeichner: Floyd Gottfredson & Ted Thwaites (Tusche)
Erstveröffentlichung: 21.03.-08.08.1936
Deutsche Veröffentlichung: Ich Micky Maus 2 / Mickys größte Schau 1 / Mickys Klassiker 8 / Die großen Klassiker 7 / Die besten Geschichten von Floyd Gottfredson

"Micky Maus bei der Fremdenlegion" zählt zu den spannendsten Abenteuern überhaupt, die Floyd Gottfredson in seiner 45 Jahre währenden Karriere als Autor und Zeichner von Disney-Comics hervorgebracht hat. Dass es sich vor allem durch seine Brutalität von anderen Maus-Geschichten abhebt, wird schon ganz zu Beginn deutlich: Micky wird von zwei vermummten Typen entführt. Sie bringen ihn zu einem alten Haus, wo ihn der Chef der Bande zu den Plänen von Käpt’n Dobermanns (alias Käpt’n Luftig / Hauptmann Setter) neuem Flugzeug befragt. Da Micky seinen alten Freund natürlich nicht verraten will und dementsprechend keine Antworten gibt, wird er zuerst mit einer Waffe bedroht und anschließend auf einer Streckbank gefoltert. Nachdem auch dies keine Wirkung zeigt, wird Micky gehenkt. Doch es war nur eine Scheinhinrichtung und Käpt’n Dobermann erzählt dem verdutzten Micky daraufhin, was los ist: Der Geheimdienst braucht mutige Männer – deshalb diese Prüfung –, um einen Ex-Agenten namens Falke (alias Pistolen-Ede) zu überführen. Dieser versucht, gestohlene Pläne für eine Kanone zu verkaufen. Micky findet Falke schnell und folgt ihm... bis an die Küste Nordafrikas! Denn Falke will sich offenbar in der Fremdenlegion versteckt halten. Um ihm weiterhin folgen zu können, meldet sich auch Micky freiwillig als Soldat. Dumm ist nur: Sein Sergeant ist Kater Karlo...


Der erste Strip dieses Abenteuers wurde am 21. März 1936 in den amerikanischen Tageszeitungen veröffentlicht und folgte damit unmittelbar auf "Oskar der Strauß" ("Oscar the Ostrich"). Nicht nur zu dieser eher heiteren Geschichte bildet die "Fremdenlegion" einen klaren Kontrast, auch in den heutigen Micky-Comics wäre es eher befremdlich, den Protagonisten an einer Streckbank liegend zu sehen – von der militärischen Komponente mal ganz abgesehen. Es ist zwar nicht so, dass die vorherigen Werke Gottfredsons völlig frei von Grausamkeiten sind (siehe etwa "Micky im Bann der Höllenstrahlen"/"Blaggard Castle"), man könnte aber schon sagen, dass die "Fremdenlegion" den Höhepunkt in dieser Hinsicht markiert. Denn es gibt wohl kaum eine andere Geschichte, in der Micky derart vielen körperlichen Qualen ausgesetzt ist. Neben der geschilderten Folter-Szene zu Beginn ist es vor allem Karlo, der seine Machtposition gegenüber Micky missbraucht und ihn geradezu unmenschlich behandelt. Micky leidet jedoch nicht nur physisch, sondern auch psychisch: Wir kennen ihn bei Gottfredson als einen frechen und gerade gegenüber Autoritäten durchaus respektlosen Tausendsassa. Hier muss er sich aber ausgerechnet den Anweisungen seines Erzfeindes unterordnen und resigniert angesichts seines Schicksals. Erst mit der Szene in der Wüste drehen sich die Machtverhältnisse wieder um und die Geschichte gelangt in ein konventionelleres Fahrwasser. Jetzt kommt Mickys scheinbar verlorengegangene Gewitztheit wieder zutage, die man bereits aus den älteren Abenteuern kennt. Dennoch hat er sich insofern verändert, dass er nun keine "Feldmaus" mehr ist, sondern eine Stadtmaus. Der Staatsbürger Micky versucht nun, seit einiger Zeit seinem Land zu dienen. Die Geschichte spielt zwar nicht in der Stadt, aber er wird vom (amerikanischen) Geheimdienst rekrutiert.
Karlo hingegen, in neueren Comics häufig als Kleinkrimineller dargestellt, personifiziert hier das Böse, indem seine sadistische Ader zum Vorschein kommt. Das zeigt sich nicht nur in der Behandlung Mickys, sondern auch am Ende der Geschichte, als er gemeinsam mit seinem immer rauchenden Komplizen Falke und dem Scheich Yussuf das grausame Vorhaben hat, eine ganze Legion auszulöschen.

Das hört sich alles ziemlich ernst an. Aber obwohl Micky hier auf sich alleine gestellt ist, hat die Geschichte auch ohne einen Sidekick durchaus humorvolle Elemente, sodass eine sehr gute Mischung aus Witz, Ernst und Spannung präsentiert wird und trotz der Länge keine Langeweile aufkommt. Auch die Zeichnungen bewegen sich auf einem hohen Niveau, wobei besonders interessant ist, dass die Araber in dieser Geschichte erstaunlich menschlich dargestellt werden, indem sie beispielsweise eine richtige Nase haben.

Eine andere, ebenfalls interessante Randbemerkung: Inspiriert von Gottfredsons Abenteuer, war eigentlich auch ein animierter Kurzfilm mit dem Titel "Legionnaires" geplant, der nicht nur Micky, sondern auch Donald und Goofy in Diensten der Fremdenlegion zeigen sollte. Das Projekt wurde jedoch leider wieder eingestellt.

Bleibt aber immer noch der Comic. Und der ist nicht nur für Gottfredson-Fans eine lohnende Lektüre, sondern für jeden, der meint, dass Micky Maus etwas für Kleinkinder sei.


Gemälde Gottfredsons aus dem Jahr 1981

Von Floyd Moneysac & 313er (Mai 2016)

Zuletzt aktualisiert: 01.05.2023, 14:44
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