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Indiana & Jade

ÜBER "DIE JAGD NACH DEM GRÜNEN STERN"


Storycode: I TL 2069-1
Originaltitel: Indiana Pipps all'inseguimento della stella verde
Deutscher Titel: Die Jagd nach dem grünen Stern
Seitenanzahl: 59 (3-reihig)
Autoren: Bruno Sarda
Zeichner: Roberto Vian
Erstveröffentlichung: Juli 1995
Deutsche Veröffentlichungen: Lustiges Taschenbuch 220 (ohne Titelseite von Teil 2)

Schaut man sich die Geschichte der Lustigen Taschenbücher an, wird man feststellen, dass die sogenannte "Goldene Ära des LTB" zumindest im Hinblick auf die durchschnittlichen Nutzerbewertungen des I.N.D.U.C.K.S. ziemlich abrupt endet: LTB 220 ist einer der letzten Bände mit einer überdurchschnittlichen Gesamtbewertung, danach folgt ein deutlicher Qualitätsabfall, der erst in jüngerer Zeit einige Male durchbrochen wurde. Damit markiert der Band gewissermaßen das Ende einer Ära. Um "Die Jagd nach dem grünen Stern", eine der vielen hervorragenden Geschichten des Bandes (mit De Vitas "Verschollen im Tal der Teddybären" ist auch eine weitere Top-Mausgeschichte dabei), soll es nun gehen.

Wenn man die Entwicklung von Indiana Goof mal unter die Lupe nimmt, bekommt man schnell den Eindruck, dass Bruno Sarda eine ziemlich klare Vorstellung von dem hatte, was die Figur sein sollte. Beinahe jede der frühen Indiana-Geschichten entwickelt den Charakter logisch weiter. Das ist ja generell ein Problem bei Disney: Sobald eine Figur sich etabliert hat, kann sie kaum noch weiterentwickelt werden – zumindest nicht global. Als Beispiel sei hier Kater Karlo genannt, der von Romano Scarpa eine Verlobte (Trudi) und einen Vetter (Kralle) zur Seite gestellt bekam und dem Autoren wie Silvano Mezzavilla und Tito Faraci später auch neue Charakterzüge verpasst haben. Auf in den USA oder später in Dänemark produzierte Comics hatten all diese Entwicklungen jedoch so gut wie keinen Einfluss, was dann zu Geschichten führt, die einander widersprechen. Insofern ist es ausdrücklich zu loben, dass Bruno Sarda "seine" Kreation Indiana Goof sorgfältig aufgebaut hat. Ob man dasselbe über Kreationen wie Tabea Trifftig (Casty) oder Steinbeiß (Faraci) sagen kann, muss wohl an anderer Stelle erörtert werden.
Zu einem vollständigen Charakter gehört jedenfalls auch, dass dieser sich irgendwann verliebt. Und natürlich gab es davon auch mit Indiana Goof schon einige Varianten (z.B. "Der Quell der Weisheit"), aber "Die Jagd nach dem grünen Stern" bleibt für mich die eindrücklichste – nicht nur, weil sie eben vom Erfinder der Figur stammt.


Die Geschichte zeichnet sich nicht zuletzt dadurch aus, dass tatsächlich kein altbekannter Disney-Charakter mitspielt. Lediglich die Tatsache, dass Indiana Goof ein Vetter von Goofy ist, muss als Verbindung zum jahrzehntelang etablierten Disney-Universum herhalten. Was aber bei weniger talentierten Künstlern missglückt wäre, fällt hier kaum ins Gewicht: Zu stark sind die vielen neuen Figuren, auch die markante Darstellung durch Roberto Vian hat dazu viel beigetragen. Dieser Zeichner gefällt mir zwar nicht immer (besonders in späteren Jahren stören mich die allzu kantigen Figuren und die eher statisch wirkenden Panels teilweise schon), hier hat er aber eine rundum fantastische Leistung abgeliefert. Besonders die vielen Dschungelszenen, in Verbindung mit einer warmen Airbrush-Kolorierung, sind alles andere als alltäglich. (In Griechenland erschien die Geschichte im selben Jahr mit "normalen" Farben. Die moderne Variante mit ihren Farbverläufen gefällt mir auf jeden Fall mehr und ist wohl auch die ursprünglich beabsichtigte. Ich denke, dass hierfür Leopoldo Barbarini verantwortlich war, der auch andere Geschichten wie "Eine tolle Entdeckung", "Das Geheimnis des 313" oder "Die Wächter der Zukunft" mit seinen Farben veredelte.)

Tatsächlich spielt sich ein Großteil der Handlung im Regenwald ab, denn dort – genauer: in Venezuela, nahe Caracas – hat Paco Ordonez seine Villa. Ordonez ist ein Bösewicht wie aus dem Bilderbuch; gegen ihn wirkt der moderne Kater Karlo (oder auch Indiana Goofs Standardgegner, Dr. Krantz) geradezu handzahm. Ordonez hat Geld wie Heu und beauftragt auch gerne mal seine Männer, für ihn wertvolle Kunstgegenstände zu "beschaffen". Dabei ist er natürlich schon mit Indiana Goof aneinandergeraten, der ihn jedoch nicht festnageln konnte. Er hat aber auch in Frankreich eine Frau namens Jade gezwungen, ihm ihren sternförmigen Smaragd zu verkaufen. Die hat sich geschworen, den Stein zurückzuholen (welche Bedeutung er für sie hat, wird aber erst am Ende gezeigt), und wird im Dschungel von Indiana Goof vor Ordonez' Leuten gerettet.

Damit beginnt eine herrliche Romanze, denn bei beiden spielen die Gefühle verrückt – in erster Linie allerdings bei Indiana, der nach Jades "Verwandlung" vom bebrillten Mauerblümchen zur modernen attraktiven Frau absolut entzückt ist. (Eine ähnliche Szene kommt später übrigens bei Tabea Trifftigs Debüt vor, jedoch ohne vergleichbare Folgen.) Aber auch Jade scheint von der Situation nicht unberührt zu sein. Der Comic wird an einer Stelle durch diese Umstände sogar leicht pikant: Sehen wir doch auf S. 75 offenbar die Silhouette von Indianas "Flamme" beim Umkleiden. Gewagt...


Doch es ist nicht alles eitel Sonnenschein und der Himmel hängt nicht voller Negritas. Ordonez' Männer spielen Jade und Indiana Goof übel mit und mehrfach wären die beiden beinahe im Rachen eines Kaimans gelandet. Die Schurken schrecken noch nicht einmal davor zurück, den Medizinmann eines Indio-Dorfs festzusetzen, um den beiden in dessen Verkleidung einen giftigen Trank anzubieten. Während Indiana sich bis dahin deutlich geschickter angestellt hat, ist es hier tatsächlich Jade, die die Bedrohung (wenn auch unabsichtlich) aufdeckt.

Nach vielen spannenden und teilweise unvorhersehbaren Entwicklungen (bei denen sich Ordonez erneut als gefährlich intelligent erweist) ist schließlich die Mission geglückt und Jade hat ihren grünen Stern wieder. Trotzdem hat das Ende einen deutlichen Schuss Tragik. Denn das mit Jade und Indiana Goof zerfällt auf recht ungewöhnliche Weise (und nein, es liegt nicht am Disney-Gebot des "Status quo" – wenn Sarda gewollt hätte, dass Indiana heiratet, hätte er das wahrscheinlich auch umsetzen können). Die Beziehung der beiden erinnert dadurch an Donalds Marbella-Geschichte – beides sind tragische Liebesgeschichten, da die beiden Verliebten zu verschieden sind und nicht zusammenkommen können. Dennoch haben beide weiterhin Gefühle füreinander. Daher war eine Fortsetzung fast schon unausweichlich.


Zwei Jahre später erschien mit "Die Galoschen des Lanzelot" dann auch die – ebenfalls von Sarda geschriebene – Fortsetzung auf Deutsch. Inhaltlich weitgehend ebenbürtig (großartiges Zitat: "Die Morgenjade hat am Fenster das Wort Tau gebildet! Äh, Quatsch! Umgekehrt natürlich!"), fallen mir allerdings ausgerechnet Massimo De Vitas Zeichnungen eher negativ auf. Irgendwie schafft er es nicht, diese magische Stimmung genauso einzufangen, wie es Vian gelungen ist. Ein Grund mag die "normale" Kolorierung sein, vor allem aber enttäuscht die visuelle Darstellung von Jade: De Vita scheint es nur darum gegangen zu sein, die Figur möglichst stereotyp zu zeichnen – inklusive deutlich zur Schau gestellter Oberweite (in fast jedem Panel)! (In einem italienischen Inducks-Kommentar heißt es, Jade würde bei De Vita wie "altes Silikon" aussehen ...) Da ist es eigentlich schon erfrischend, dass Vian sie zwar sehr attraktiv, aber eben nicht als reines Sexsymbol gezeichnet hat.

Eine weitere Geschichte mit Jade ist übrigens 2002 auf Italienisch erschienen, geschrieben allerdings nicht von Bruno Sarda, sondern von Sisto Nigro. Von einer wirklich essentiellen Fortsetzung kann daher wohl nicht die Rede sein, auch wenn ich Nigro sehr schätze (ich halte ihn sogar für einen der am meisten unterschätzten italienischen Autoren). Alleine deswegen würde ich die (von Marco Palazzi gezeichnete) Geschichte gerne mal auf Deutsch sehen. Vielleicht bietet ja die seit Jahren angekündigte Maus-Edition über Indiana Goof dafür eine Möglichkeit, oder man besinnt sich zumindest mal darauf, den Abenteurer endlich wieder öfter in der Hauptreihe einzusetzen (die unveröffentlichten Comics passen sowieso nicht in eine einzige Maus-Edition). Bis dahin kann man Jades ersten Auftritt ja vielleicht auch irgendwo mal nachdrucken, am besten inklusive der im LTB fehlenden Titelseite des zweiten Teils, denn ...

Fazit: ... "Die Jagd nach dem grünen Stern" ist für mich einfach einer der besten Indiana-Goof-Comics und zeigt deutlich, dass der Charakter auch ohne Micky sehr gut funktionieren kann.


Von Spectaculus (August 2021)

Zuletzt aktualisiert: 01.05.2023, 13:02
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