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"Im Namen der Mimose"



Storycode: I TL 1693-A
Originaltitel: Topolino in "Il nome della mimosa"
Deutscher Titel: "Im Namen der Mimose"
Seitenanzahl: 67 (3-reihig)
Autor: Bruno Sarda
Zeichner: Giampiero Ubezio
Erstveröffentlichung: 8. Mai 1988 (Italien, Topolino 1693)
Deutsche Veröffentlichungen: Lustiges Taschenbuch 142

Was macht der Autor, wenn er keine Einfälle hat? Er adaptiert ein gutes Buch. Das klingt vielleicht einfach, ist es aber nicht - ganz und gar nicht! Eine Parodie ist nicht minder aufwändig zu schreiben als ein neues Werk: Die Handlung muss weit genug komprimiert werden und sich im Rahmen des Machbaren befinden, eventuell müssen Handlungselemente ausgetauscht werden, die Figurenrollen müssen passend verteilt sein et cetera. Diesmal soll es um die Adaption des Romans "Der Name der Rose" von Umberto Eco gehen.

Die (Rahmen-)Handlung beginnt wie gewohnt in Entenhausen, und zwar zur heutigen Zeit, obwohl die Vorlage weitaus früher spielt. Wie langweilig, mag sich jetzt der erfahrene Leser denken. Doch es wird besser: Micky und Goofy machen sich auf den Weg zu Professor Zapotek, was eigentlich schon verspricht, eine gute Zeitreise-Geschichte zu werden. Und das passiert auch. Der erkältete Zapotek erklärt den Auftrag, welcher ins regnerische England, genauer gesagt zu einem Internat, führen soll. Von dort sollen unsere beiden Hauptakteure ein Buch beschaffen, das ein immer wirkendes Rezept gegen Schnupfen enthält - damit plagt sich zur Zeit nämlich der halbe Stadtstaat. Doch wie sollen die beiden an das Buch kommen? Die Antwort wird sofort gegeben: Die beiden werden genau an den Punkt in der Vergangenheit geschickt, an dem ein Sportprofessor jenes College verlässt, um sich getarnt als neue Lehrer Zugang zu den Räumlichkeiten zu verschaffen. Dies funktioniert vorläufig; dabei machen sie Bekanntschaft mit dem Chemieprofessor und dem Leiter der Schule. Hier liegt schon der erste Unterschied zum Buch vor: Das Geschehen findet nicht in einem Kloster statt, denn das wäre zu religiös für einen Disney-Comic, sondern in einem College. Durch Zufall finden sie heraus, dass in diesem Bau noch ganz andere Dinge geschehen, als sie sich vorgestellt hätten. Es verschwinden nämlich Personen in den Gewölben des Bauwerks. Dieses Mysterium, was eine harmlos scheinende alljährliche Schachmeisterschaft damit zu tun haben soll und wo das Buch steckt, das selbst nach ausgiebiger Suche nicht aufzufinden ist, wird in der Geschichte aufgeklärt. Klingt das interessant? Wenn ja, sollte man sich nicht zurückhalten, zu LTB 142 zu greifen!

Besonders hervorzuheben finde ich den konstanten Aufbau der Spannung: Die Handlung fängt gemächlich in Entenhausen an und kommt später allmählich ins Rollen, bis sie zum Ende des ersten Teils (die beiden Teile der Geschichte sind übrigens in der selben Ausgabe des "Topolino" erschienen) mit einem Cliffhanger den vorläufigen Höhepunkt findet. Später im zweiten Teil kann sich das außergewöhnlich hohe Niveau von Spannung und Mystery noch besser aufbauen, es entsteht eine der geheimnisvollsten Geschichten überhaupt. Gerade die Auflösung ist ziemlich unvorhersehbar, ich hätte anfangs nicht gedacht, dass so ein banal erscheinendes Handlungselement damit zusammenhängt. Aber lest selbst, es lohnt sich!

Auch Giampiero Ubezio, der mit dieser Geschichte sein LTB-Debüt hatte, hat als Zeichner hervorragende Arbeit geleistet. Der mittlerweile 67-jährige arbeitet seit 1984 für Disney als Zeichner und Autor, beispielsweise stammen die beiden Fantasy-Abenteuer in Harlech aus seiner Feder. Er ist auf Maus-Comics spezialisiert (einige davon sind Zeitreise-Abenteuer wie "Das verlorene Testament"), nur auf insgesamt 75 Seiten präsentierte er bisher die Ducks. Doch nun zurück zu unserer Geschichte: Gleich die Titelseite lädt ein, eine fesselnde Geschichte zu lesen, die man später nicht mehr weglegen will. Sein "klassischer" Stil passt eben zu solchen Literaturadaptionen, weshalb diese Story auch besonders gelungen ist. Zwar zeichnete er manche Hintergründe nicht wirklich detailreich (seltsam koloriert waren sie auch noch), aber seine Bilder passen dennoch dazu wie die Faust aufs Auge, da sie die geheimnisvoll wirkende Atmosphäre wunderbar herüberbringen. Außerdem ist im vorliegenden Werk die Mimik der Figuren besonders gut getroffen: Es ist einfach zum Lachen, wenn der Internatsleiter Mickys Namen falsch ausspricht (siehe nebenstehendes Panel). Ja, richtig gelesen, auch der Humor ist hier nicht zu verachten, es sind ausreichend Gags vorhanden - eben genannter wird ständig ausgewalzt -, wenngleich auch nicht so viele, wie wenn Silvia Ziche am Werk ist. Doch das ist ja logisch, hier liegt eher ein Krimi vor.

Micky verhält sich in dieser Geschichte allgemein etwas "perfekter" als bei den späteren italienischen Maus-Abenteuern von Casty oder Faraci, er hat kaum Angst vor dem Ungewissen; nichtsdestotrotz ist er freundlich und fröhlich. Goofy hat hier wieder nur die Rolle als Begleiter Mickys und hätte daher auch weggelassen werden können, wenn er nicht in der Schlussszene das Entscheidende getan hätte. Des Weiteren werden in dieser Geschichte neue und einmalige Figuren eingeführt, wovon ich immer ein Freund bin, da nicht von Anfang an feststeht, dass Kater Karlo oder das Schwarze Phantom der Täter ist. Der Leiter des Colleges ist eher ruhig, bis die Schüler etwas anstellen, und vergesslich, während Professor Flash, Leiter des alljährlichen Schachturniers, eher hinterhältig ist und mit Mitteln wie beispielsweise Bestechung arbeitet. Ganz besonders sympathisch ist hier jedoch der Chemieprofessor, der sich stets hilfsbereit zeigt.


Es gibt viele grundsätzliche Unterschiede zum Original, so viele, dass es fast keine Adaption mehr ist. Sogar das zentrale Element, die mysteriösen Morde in einem Kloster, wird verändert und somit erst "Disney-tauglich" gemacht. Außerdem ist der Anlass ein komplett anderer: Unsere Hauptfiguren reisen nicht aus religiösen Gründen in die alten Gemäuer (auch das wäre ungeeignet), sondern aufgrund des Buches, das vor dem Feuer zu retten ist. Jedoch spielen auch in Ecos Werk ein Buch und ein finaler Brand eine Rolle. Die witzigste Parodie auf Eco ist jedoch der Titel: "Im Namen der Mimose" ist sehr stark an den Titel des Originals angelehnt, ohne diesen direkt zu übernehmen. Welche Rolle die Mimose spielt, sollte nachgelesen werden, denn es ist ein echtes Highlight!

Apropos "Titel": Wie so oft ist auch hier die Titelseite des zweiten Teils nicht in der einzigen deutschen Veröffentlichung vorhanden. Dies ist sehr bedauerlich, da dieses fehlende Splashpanel eine detaillierte Zeichnung des Flower's College bei Nacht zeigt. Daher ist dieses fehlende Bild nun hier zu bewundern:


Diese Geschichte ist eine der spannendsten überhaupt und stellt nicht zuletzt deshalb einen echten Geheimtipp dar!


von Topolino

Zuletzt aktualisiert: 01.05.2023, 14:34
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